35 Fußballplätze ungefähr ist die Fläche groß, die mitten in der Metropole Berlin langsam zum Biotop mutiert. Das ist nicht das einzige Areal in dieser Größe.
Wenn New York oder Paris in absoluter Innenstadtnähe eine Fläche, wie das Gelände des ehermaligen Anhalter Güterbahnhofs zur Verfügung hätten, wären die Investoren (trotz Krise) eher heute, als morgen dabei.
Glücklicherweise können wir Berliner uns noch ein ganz klein wenig an diesen Hinterlassenschaften der Industriegeschichte erfreuen, auch wenn die Bagger (siehe Gleisdreieck) langsam immer näher kommen.
Zuletzt waren wir an der Drehscheibe im Bw Pankow, jetzt geht es die ganze alte Gleistrasse zurück richtung Süden, bis wir am S + U-Bahnhof Pankow landen.
Zur Übersicht hier mal ein alter Gleisplan:
Rechts das Rundhaus und der Lokschuppen mit Drehscheibe. Der Gleisplan ist nicht genordet.
Aus der Sicht von Google-Maps sieht das Gelände 2006 so aus. Die beiden Lokschuppen sind oben rechts in der Ecke.
Luftbild Bw Pankow — Link zu Google Maps
Die Drehscheibe liegt also jetzt hinter uns, das Rundhaus kommt in Sicht. Lokschuppen, die als Rundhaus gebaut sind, also mit einer innenliegenden Drehscheibe, sind nur für kürzere Lokomotiven geeignet, weil der Durchmesser des Gebäudes sonst zu groß werden würde. In Deutschland sind noch zwei Rundhäuser erhalten. Dieses hier in Pankow und ein weiteres in Berlin-Rummelsburg, dort wo die ICE ihre Heimat haben.
Bw Pankow, Rundhaus —28. Februar 2010
Drei weitere Fotografen und Enthusiasten hat die Sonne heute auf dieses Gelände gelockt. Manche wollen nur knipsen, andere kommen häufiger hierher, um den langsamen Verfall zu dokumentieren, der eine liebt die Übersicht, der andere mag Details, der Dritte ist sogar Rostfetischist (Hallo Bjarne), der fast nur Makrofotos macht. Ich wähle mal den Mittelweg und betrachte die eine Tür des Rundhauses etwas genauer.
Bw Pankow, Detail am Rundhaus — 28. Februar 2010
Jetzt geht es ein längeres Stück in Richtung Südwesten. Vorbei an einigen Resten von Wirtschaftsgebäuden, Fahrradschuppen, Bansen. Im Osten liegt das ehemalige Kraftwerk, das aber komplett entkernt ist, der Schornstein ist abgeklemmt und mich wundert nur, dass sich Sprayer bis in die Höhe von etwas 40 Metern getraut haben, um ihre Spuren zu hinterlassen. Mit Sicherheit ohne Sicherheit ….
Was dieses Gebäude mal gewesen ist? Vt VI steht auf dem alten Plan. Ich kann damit nichts anfangen.
Gbf Pankow — 28. Februar 2010
Ich bin kein ausgewiesener Vogelkundler, aber ich habe das Gefühl, dass hier neben den allgegenwärtigen Krähen und Kolkraben auch eher stadtferne Vögel hier ein Zuhause gefunden haben. in einem Land, in dem wegen drei Feldhamstern der Bau ganzer Universitäten stockt (Göttingen seinerzeit), kann das vielleicht auch ein Grund sein, hier noch länger mit den Bauarbeiten zu warten.
Weit verstreut über das Gelände liegen Spundwandteile. ein dementsprechend ausgerüsteteter Bagger steht verloren in der Gegend herum. Rostiges Bohrgerät, Ketten, zeigen dass hier doch irgendwas im Schwange ist.
Gbf Pankow, neues Stellwerk — 28. Februar 2010
Das neue Stellwerk, in bewährter DDR-Hochturmtechnik gebaut (unter anderem am Grünauer Kreuz und in Großbeeren stehen die Brüder) sieht nicht besser aus, als der Rest der Gebäude auf diesem Gelände. Was brennbar war, hat irgendwann mal gebrannt.
Ungefähr in der Mitte der Strecke zwischen Heinersdorf und Pankow mal ein kleiner Rundblick:
Gbf Pankow, 180° Ansicht — 28. Februar 2010
Das Gleisbett aller ehemaligen Schienenwege ist komplett ungefähr 70cm tief ausgekoffert. Über das gesamte Gelände. Hier liegt kein Millimeter Schienenstahl mehr. Ob das wegen der schadstoffgetränkten Schwellen (Teer) war oder wegen der Hinterlassenschaften der unzähligen Lokomotiven und Wagen, weiß ich nicht. Es wäre eine nette Offroadstrecke für Auto, Motorrad oder Mountainbike.
Ein Zirkus hat hier sein Winterquartier. Nicht zum ersten Mal. Im Lokschuppen liegen Plakate dieses Zirkus, die von 1997 stammen.
Das alte Stellwerk ist nicht wirklich besser in Schuß, als das neue ….
Gbf Pankow, altes Stellwerk — 28. Februar 2010
Entlang des Wegs stehen Brandruinen, alte Erdkeller, Fundamentreste. Ich weiß nicht, ob so etwas für Stadtarchäologen interessant ist, die wühlen aber im Moment auch lieber rund um den alex und den Schloßplatz nach kaiserlichem Porzellan, statt hier Industriekultur wenigstens ansatzweise zu dokumentieren und manifestieren.
Ich weiß, es werden täglich Lokschuppen und ganze ehemalige Betriebswerke abgerissen und es können natürlich auch wirklich nicht alle erhlaten werden, zu Mussen oder Kulturzentren umgebaut werden, aber wenn so etwas permanent sichtbares dem Abriß entgegensieht, schmerzt es doch.
Zum Ende noch ein Blick auf den ehemaligen Schuppen an der Ladestrasse. Auch ziemlich verkokelt.
Rgb Pankow, Ladestrasse — 28. Februar 2010
Das Gelände ist nicht abgeschottet, wie etwa der Anhalter Güterbahnhof. Vom S-Bahnhof Pankow-Heinersdorf kommt man über die Strassenbrücke direkt auf das Gelände. Also geht los und dokumentiert, was blad nicht mehr da sein wird.
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